Handschrift
Ms.254.4

Rudolf Pfyffer mit seinem Schutzengel.
Auf dem Spruchband steht (übersetzt):
"Dein guter Geist möge mich ins rechte Land führen."
 

Im Jahr 1583 unternahm der Luzerner Patrizier Rudolf Pfyffer von Altishofen (1545–1630) eine Pilgerfahrt nach Jerusalem. Etwa acht Jahre nach seiner Rückkehr entstand dieser prächtig inszenierte Reisebericht. Schon das Material Pergament – statt des längst üblichen Papiers – ist ungewöhnlich kostbar. Die Schrift (teils in Goldtinte) dürfte von einem professionellen Schreiber stammen, und die zahlreichen Illustrationen wurden in der renommierten Luzerner Werkstatt von Franz Fallenter angefertigt. Inhaltlich bietet Pfyffer Beschreibungen von Kirchen und Reliquien, auch einige Wunder­geschichten. Über die Reise selbst erfährt man dagegen aus anderen Quellen mehr.*

Das prachtvolle Äussere der Handschrift war wirkungsvoller, als es für ihren Urheber vielleicht wünschbar gewesen wäre. So werden in der Bildunterschrift zu Pfyffers Porträt in der «Galerie der merkwürdigen Luzerner» seine hohen militärischen und politischen Ämter** nur beiläufig erwähnt – eine ausführlichere Anmerkung gilt dem Band mit seinem Reisebericht: «1583 unternahm er eine Pilgerreise nach Jerusalem und hinterliess ein Tagebuch der Fahrt, das in einem Pergamentband geschrieben und überall mit äusserst kostbaren Gemälden geziert ist.»

Die Handschrift blieb über Generationen im Besitz der Pfyffers, bis just ein Familienangehöriger, der beruflich als Archivar tätig war, sie an einen Buchhändler verkaufte. Das Geschäft scheint ihm recht peinlich gewesen zu sein, denn sein Vertragspartner musste ihm schriftlich zusichern, «den Besitz des Buches keinem hiesigen Einwohner wissen zu lassen». Zum Glück führte der Handel nicht dazu, dass die Handschrift für Luzern verloren ging: Sie gelangte in den Besitz der Bürgerbibliothek und damit als Depositum in die Sondersammlung der Zentral- und Hochschulbibliothek Luzern. Mittlerweile ist sie vollständig online auf ZentralGut.ch zu sehen.

Fragen oder Anregungen? Kontakt

 

Einband. Auf dem Medaillon in der Mitte eingraviertes Supralibros: 
"gehört der pfifferischen familien"
 
Ankunft des Pilgerschiffs in Palästina
 
Rückkehr und feierlicher Empfang der Pilger in der Hofkirche
 

Zum Weiterlesen: Peter Kamber, Prag – Luzern – Engelberg. Illustrierte Handschriften des 15. Jahrhunderts aus Mitteleuropa in der Zentral- & Hochschulbibliothek Luzern, Luzern 2015, S. 16f. und 58–61 (mit weiteren Literaturangaben).

* Eine ausführliche und lebhafte Beschreibung derselben Pilgerfahrt durch Johannes von Laufen findet sich in dem Band: Luzerner und Innerschweizer Pilgerreisen zum Heiligen Grab in Jerusalem vom 15. bis 17. Jahrhundert, hg. von Josef Schmid, Luzern 1957. Die Handschrift, auf der Schmids Ausgabe basiert, gehört ebenfalls zum Bestand der ZHB Luzern (Signatur: Pp.78.fol.). Eine Reinschrift findet sich im Depositum der Korporation (Ms.235.fol.).

** Rudolf Pfyffer war als Söldnerführer Oberst in französischen Diensten und Hauptmann der Leibgarde des Herzogs von Lothringen. In Luzern war er Bannerherr, amtierte als Gross- und Kleinrat und nahm an zahlreichen Gesandtschaften Teil. Zudem trug er die Titel eines Ritters vom Heiligen Grab und vom Goldenen Sporn.