Informationsgerechtigkeit
Freitag, 14. Juni 2024
Der 14. Juni ist in der Schweiz der Tag des feministischen Streiks.
Im physischen Bestand der Zentral- und Hochschulbibliothek Luzern findet sich ein vielfältiges Angebot an feministischer Literatur – von feministischer Theologie (unter der Klassifikation BH 3820) und Philosophie (CC 8600) über feministische Literaturwissenschaft (EC 1870) und Kunstgeschichte (LH 60250) bis zur soziologischen Geschlechtertheorie (ab MS 2800), sowie unzählige wissenschaftliche Aufsätze zum Thema online über swisscovery RZS.
Heute wollen wir aber auch auf das verweisen, was sich nicht in unserem Bestand befindet: Das Verfügbarmachen von Literatur folgt - wie Nicole Seifert in «unlearn literatur» schreibt – einer patriarchalen Logik. Werke von Autorinnen werden seltener gelesen und besprochen, sie finden sich auch seltener auf Literaturlisten, in Fachkanons oder auf schulischen Lehrplänen. Gehen wir noch einen Schritt weiter zurück, müssen wir uns auch fragen, welche Perspektiven wir auch deshalb vernachlässigen, weil sie gar nicht erst gedruckt werden bzw. gar nicht erst geschrieben werden können?
An der ZHB beschäftigen wir uns seit einiger Zeit mit dem Thema Informationsgerechtigkeit. Informationsgerechtigkeit – ein aktuell vor allem in der angelsächsischen Bibliothekswelt lebhaft diskutierter Begriff – meint das Bestreben, durch einen „strukturellen Bias“ bibliothekarischer Institutionen entstandene Bestandslücken zu entdecken und zu schliessen. Als Bibliothek können wir dem nachkommen, indem wir gezielt Titel finden und erwerben, die denjenigen eine Stimme verleihen, die sonst in unserer Gesellschaft kaum gehört werden – etwa soziale, ethnische und sexuelle Minderheiten oder Menschen des Globalen Südens. Und wir können dem nachkommen, indem wir Plattformen schaffen, die Literatur zugänglich machen, die in den herkömmlichen Publikationsformen strukturell benachteiligt wird – und zwar für so viele Menschen wie möglich, barrierefrei und ohne Bezahlschranken.
Das ist an vielen Stellen gar nicht so einfach und braucht sicher viel Zeit und Energie, aber wir bleiben dran!
Literaturhinweis:
Roig, Emilia, Alexandra Zykunov, and Silvie Horch. Unlearn patriarchy #2. 1. Auflage. Berlin: Ullstein, 2024. Print.